Und wieder wird marschiert. Wieder findet sich ein laut grölendes Volk, das voller Hass Parolen ruft und den Teufel bereits ausgemacht hat. Fakten? Egal. Informationen? Keine oder nur verzerrt. Nachdenken? Fehlanzeige. Was klingt wie eine Hexenjagd im finstersten Mittelalter ist leider Realität und zwar im hier und heute, im Netz der unbegrenzten Möglichkeiten. Mir ist vollkommen klar, dass die Wenigsten sich die Mühe machen werden, diesen Artikel erstens zu lesen und zweitens darüber nachzudenken. Dennoch, wie ich schon mal schrieb, sind Windmühlen ja ernste Gegner …

Worum geht es? Vor einigen Tagen habe ich einen Artikel zur GEMA aus Sicht der Künstler geschrieben. Mir ging es im ersten Teil darum, eine andere Perspektive aufzuzeigen und vor allem, dazu zu bewegen, sich erst zu informieren, dann nachzudenken und dann seine Meinung zu äußern. Leider werden in der Regel die ersten beiden Schritte schlicht ignoriert. Natürlich habe ich die Diskussionen zu dem Artikel verfolgt und ich bin sprachlos. Dabei kehren aber in schöner Regelmäßigkeit einige Aussagen und Fragen wieder, denen ich mich gerne stellen will. Offenbar fehlt bei den meisten Autoren dieser Beiträge das Hintergrundwissen schlicht und einfach. Hier nun zur Einstimmung der Link zum ersten Teil des Artikels:

https://www.saltatio-mortis.com/ein-paar-worte-zur-gema/

Zunächst stolpere ich über die Frage, warum denn einen Band, die ja Gage für ihren Auftritt bekommt, denn nun auch noch GEMA bekommen soll. Auf den ersten Blick ist diese Frage vollkommen berechtigt! Leider trifft sie aber nicht die Realität. Dazu muss man unterscheiden zwischen Interpreten, das sind dann in der Regel die „Bands“ die auf der Bühne stehen und spielen, und den Urhebern der Musikstücke. Urheber können auch Interpreten sein, müssen sie aber nicht! Ein paar Beispiele: Wenn wir zum Beispiel den Spielmannsschwur spielen, dann spielen wir, die Band Saltatio Mortis (Interpreten), ein Lied, das eben nicht von den 8 Spielleuten stammt, die gerade auf der Bühne stehen! Das Lied wurde von Alea, Mik el Angelo und mir selbst geschrieben, wir sind also die Urheber. Von den drei Urhebern des Songs stehen also nur noch zwei auch auf der Bühne. Soll nun Mik keinen Anteil mehr an seinem Song haben? Was ist nun zum Beispiel mit alten Lieder aus der Heptessenz? Was ist mit der Idee U2 als Weihnachtssong zu covern? Was ist mit den Werbepausen der letzten Saison? Lange Rede kurzer Sinn – Urheber und Interpreten sind zwei völlig verschiedene paar Stiefel. Die Interpreten bekommen eine Gage für ihren Auftritt, die Urheber bekommen Lizenzen für die Musik die sie geschrieben haben. Und um der Frage gleich zuvorzukommen: Ja das ist vom Prinzip auch richtig so, denn während ich zum Beispiel Lieder für die neue Platte schreibe, baut Elsi ein paar Dudelsäcke und bekommt dafür sein Geld. Letztlich ist Schreiben von Musik und sie aufnahmereif zu machen ein langer Weg, der eben Zeit braucht, Zeit die eben auch bezahlt werden will.

Damit sind wir auch schon bei der nächsten unsinnigen Forderung: „Ihr müsst aus der Gema austreten!“ Das ist gleich auf verschiedenen Ebenen Unsinn. Zunächst sind nicht wir, die Band, Mitglied der Gema, sondern eben nur die von uns, die eben auch Musik erschaffen. Eine Band KANN niemals Mitglied der Gema sein, es sind immer nur einzelne Personen und wie ich oben schon schrieb, sind diese Personen eben auch nicht alle automatisch im aktuellen Lineup der Band. Es nützt niemandem, wenn nun zum Beispiel Alea und ich aus der GEMA austreten würden. Solange noch die ganzen anderen Urheber, die jemals an unseren Songs mitgewirkt haben, nach wie vor in der GEMA sind, ändert sich für einen Veranstalter nichts! Im übrigen müssen wir selbst nicht spielen, damit für einen Veranstalter GEMA Forderungen entstehen. Es reicht dabei auch das Abspielen von unseren Lieder von CD! Im übrigen sind auch Verträge mit den Plattenfirmen so verhandelt, dass wir GEMA Mitglieder sind. Anders ausgedrückt, wenn wir heute alle, also wirklich alle, auch die ehemaligen Saltaten aus der GEMA austreten würden, dann würde die Plattenfirma keine GEMA mehr entrichten, wir würden aber nach wie vor so an den Verkäufen beteilig wie es im Vertrag steht, und der geht von einer GEMA Mitgliedschaft aus! Wie ihr seht ist die schnell daher gerufene Forderung „Raus aus der GEMA“ auf den zweiten Blick gar nicht so einfach und in unserem Fall schlicht nicht möglich, weil einige der ehemaligen Mitglieder ihre Brötchen heute mit dem Schreiben von Songs für andere Bands verdienen, und auf die GEMA angewiesen sind!

Was man dann sofort als nächstes hört ist die großartige Alternative C3S. Ich würde wetten, dass die wenigsten mal auf der Homepage dort waren und sich das alles dort auch durchgelesen haben. Diese alternative europäische Verwertungsgesellschaft ist IN GRÜNDUNG! Das heißt, dass sie frühestens Ende 2015 zu arbeiten BEGINNEN kann. Realistisch ist vor 2016 nicht mit einer ernsthaften Arbeit zu rechnen. Die C3S KANN eine Alternative WERDEN! Sie IST es aber nicht! Im übrigen lesen sich viele Dinge dort sehr gut. Das meine ich nicht mal sarkastisch sondern durchaus ernst, aber es sind bisher erstmal ABSICHTSERKLÄRUNGEN! Die C3S möchte das alles so haben, sie schreiben aber selbst – ich zitiere: „Hinweis: Es handelt sich um Planungen, die noch nicht rechtsverbindlich sind. Die endgültige Regelung wird der von der Mitgliederversammlung zu treffende Verwertungsvertrag treffen. Also: Mitglied werden, dann zählt Deine Stimme!“

Um hier nicht falsch verstanden zu werden: Ich begrüße diese Initiative durchaus. Ich finde es durchaus richtig, wenn man neue Wege aufzeigt und bereit ist, Fakten zu schaffen. Dazu aber zwei Überlegungen. Erstens: Eine Zersplitterung der Vertretungsansprüche wird uns Urhebern auf Dauer nichts nützen. Aus der Geschichte der Gewerkschaften wissen wir, dass eine starke Vertretung die Macht hat, auch tatsächlich etwas zu bewegen. Zuviel Konkurrenz und eine Zersplitterung fördert in der Regel eher die Interessen der Großen, nicht die der Arbeiter, oder in unserem Fall der Urheber. Zweitens reicht es nicht nur auf Deutschland oder eben Europa zu schauen. Gerade in unserem Fall mit einem ausländischen Label wird auch die internationale Aufstellung und die Partnerschaftsverträge der C3S über Wohl und Wehe entscheiden. Oder einfach: Eine Verwertungsgesellschaft muss heute international stark aufgestellt sein, sonst ist sie leicht auszumanövrieren. Das hilft auch niemandem.

So nun noch ein paar Worte zu den Dingen, die mich auch als Mitglied sehr wohl nerven. Und auch wenn ich nicht blind in den wütenden Chor der GEMA Hasser einstimmen will, so gibt es in der GEMA eine Menge Dinge die es zu verändern gilt.

Es kann NICHT im Interesse von Künstlern sein, dass Veranstaltungen oder Clubs kaputt gehen, weil die neuen GEMA Tarife ihre wirtschaftliche Existenz gefährden.

Hier haben die Vorbereitungstreffen mit den entsprechenden Berufsverbänden und der GEMA offenbar keine gute Arbeit geleistet. Mir stellt sich aber die Frage, warum niemand auf den Berufsverband der Musikveranstalter schimpft, letztlich hat die Interessensvertretung der Veranstalter dem neuen Tarifmodell zugestimmt! So oder so, eine sinnvolle Regelung muss her, damit Veranstalter eben nicht an diesen Tarifen Pleite gehen! Das ist einfach Unsinn! Ebenfalls ist es Unsinn, einem Kindergarten Geld abzuknöpfen, weil er Noten kopiert oder mit der Blockflötengruppe ein geschütztes Werk aufführt. Ich glaube niemand der seine Sinne noch beisammen hat, kann und will sowas unterstützen! Die Liste der Unsinnigkeiten ist lang und sprengt den Rahmen des Artikels auf jeden Fall. Mir geht es auch nicht darum diese Irrwege zu verteidigen, mir geht es aber sehr wohl um eine weniger polemisch geführte Auseinandersetzung und mir geht es um differenziertes Diskutieren, nicht um blinde Hasstiraden, die auch nicht richtiger werden, weil sie tausendfach wiederholt werden. Was ich daraus lerne? Ich werde wieder auf die Sitzungen der GEMA fahren, ich werde mich schlauer machen und ich werde dort Fragen stellen. Vielleicht ist das kein spektakulärer Weg, aber einer der tatsächlich etwas verändern kann.

Euer Lasterbalk